Der Lange Weg ist das Ziel
Der italienische Herstellen Energien schickt das erste elektrische Langstrecken-Motorrad an den Start. Die Experia soll bis zu 420 Kilometer weit kommen und schneller Laden als alle Wettbewerber. Erste Testfahrt.
Green Tourer. Diesen Gattungsbegrif erfand E-Mottorradhersteller Energica für sein erstes Langstrecken-Bike – die Experia. Optisch ein Adventure-Crossover, also eine Art SUV auf zwei Rädern, soll die Reisemaschine erstmals längere Motorradtouren ohne Verbrennungsmotor ermöglichen.
,,Wir haben Hightech-Elektromobilität mit der Reiselust des Motorradfahrers verbunden. Die Absicht war, das erste E-Motorrad speziell für Liebhaber von Langstreckenmotorrädern zu entwicklen“, sagt Giampiero Testonie, Chefentwickler (CTO) Energica Motor Company. Bis zu 420 Kilometer Reichweite in der Stadt versprechen die Italiener. Kobiniert sollen es 250 Kilometer sein – natürlich immer abhängig vom Fahrverhalten, Temperatur und Topografie. Laut WMTC (das Motorrad-Pendant des WLTP bei Autos) schafft die Experia offizell 222 km mit einer Stromladung.
Die erste Testfahrt in den Dolomiten lässt diese Angaben durchaus ralistisch erscheinen. Der neue Hochvoltspeicher hat eine Ladekpazität von 22,5 kWh – mehr bietet derzeit kein anderes E-Motorrad. Nach gut 60 beherzt zurückgelegten Kilometern bergauf und bergab war er noch zu75 Prozent geladen. Rechtstreichweiten laut fünf-Zoll-Display: 180,6 Kilometer.
Die neue Antriebseinheit von Energica ist höher und schmaler als bei den Schwestermodellen und ist zudem weiter hinten plaziert. Dadurch verliert die Experia die Kopflastigkeit ihrer drei Energica-Geschwister Eva Esseess9, -Eva Ribelle und Ego+. Alle drei sind noch mit dem kompakten Akku (maximal 21,5 kWh) unterwegs. Vom Gewicht her geben sich die Speicher nichts. Sie wiegen jeweils gut 100 Kilogramm.
60 kW Dauerleistung, 75 kW Maximalleistung, 115 Nm Drehmoment. Die Leistungsdaten fallen moderat aus im Vergleich mit bis zu 215 Nm und 240 km/h Spitze der übrigen Energicas. Die Experia wird bei 180 km/h abgeregelt. Reisen, nicht rasen heisst das Ziel. Und diese Disziplin beherrscht der Green Tourer ausgezeichnet. Erster Fahreindruck: Hier passt alles. Breiter Lenker, komfortable Sitzbank, angenehme Sitzhöhe (847 mm). Dank der Wespendaille, die Energica der Experia verpasst hat, erreichen beide Füsse vollflächig den Boden. Sehr beruhigend bei einem 260 Kilo schweren Bike.
Die Beschleunigung ist je nach Fahrmodus smotth bis explosiv. Vier vorkonfigurierte – Sport, Urban, Regen, Eco – und drei frei zusammenstellbare Medi bietet die Experia. Jeder eigens aufs jeweilige Profil abgestimmte Parameter für die Traktionskontrolle (sechsdtufig). Auf Stufe null rollt die Experia quasi ungebremst den Berg runter. Das macht sie übriegens auch, wennman sie in die falsche Richtung abbestellt. Eine Parkbremse gibt es nicht.
Zum komfortablen Rangieren hat die Experia einen Rückwärtsgang und eine Art Schleichfahrtmodus. Der soll verhindern, dass ungeübte Fahererinnen beim Wechsel vom Rückwärts- auf den Vorwärtsgang unvermittelt einen Satz nach vorn machen, weil sie zu ungestüm am Stromkabel ziehen. Hohe Sicherheit beim Bremsen grantiert das fein agierende ABS. Geladen werden kann erstmals bei Energica über alle drei gänigen Ladesteckersysteme inklusive CHAdeMO) für den asiatischen Markt (ab Ende 2022). Am DC-Schnellader (Level 3 Mode 4) zieht der Akku 6,7 km Reichweite pro Minute, macht rund 400 km City-Reichweite in einer Stunde. An der Haushaltschteckdse ( Level 2 Mode 2) sinkt das Ladetempo auf 63,5 km in einr Stunde. Zum Vergleich: Die von Harley-Davidson entwickelte LiveWire (15,5 kWh) lädt dort 21 km am Schnellader. Der Green Tourer ist also auch Speed Carge Tourer.
Technische Daten Energica Experia
Antrieb
Permanenterregte Synchronmaschine
Nenndauerleistung
60 kW (82 PS) bei 7000 U/min
Maximalleistung
75 kW (102 PS) bei 7500 U/min
Maximaler Drehmoment
115 Nm
Gewicht
260 kg fahrbereit
Höchstgeschwindigkeit
180 km/h
Beschleunigung von 0 auf 100km/h
3, 5 Sekunden
Reichweite (WMTC)
222 km
Verbrauch
8,8 kWh bei 100 km
Akkukapazität
22,5 kWh (maximal 19,6)
Preis
ab 28 203 Euro
Preis Testfahrzeug
30 452 Euro inklusive Sonderausstattung (Launch-Edition: Tempomat, Gepäckset 112 L, Griffheizung 4 USB-Anschlüsse
Pro
Hohe Reichweite
Schnelles Laden
Moderne Elektronik
Contra
Kleines Händlernetz (Deutschland 14)
Optisch nah an Wettbewerbern
Quelle: arrive
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