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Autogas in der Schweiz

Tolles Auto

Tücken beim Tanken

Mit dem Nexo liefert Hyundai bereits die zweite Fahrzeuggeneration mit Elektromotor und Brennstoffzellenbefeuerung aus. Null Emissionen, leises und souveränes Auftreten in jeglicher Fahrsituation – alles war gut, sogar sehr gut – solange im arrive-Praxistest eine Wasserstofftankstelle in der Nähe war.

Schon nach den ersten kurzen Testfahrten habe ich an dieser Stelle den hohen Reifegrad des Hyundai Nexo erwähnt. Der ist nämlich nicht, wie viele andere elektrisch motorisierte Vertreter, ein älteres (zumeist)-Verbrenner-Modell, in das man neue Technik implantiert hat, sondern ein völlig neues Konzept, das vom Zeichenbrett seinen Weg auf die Strasse fand. Hier hat der koreanische Autobauer erstmals seinen langjährigen Erfahrungen mit Wasserstofftechnologie eine eigene Plattform hinzugefügt, das war beim ix35 Fuell Cell, den ersten praktischen Fingerübungen Hyundais zu dem Thema, noch nicht so.

Das Fahrzeug, das die nächste Generation irgendwie bereits im Namen ,,Nexo“ trägt, entpuppt sich als ein gewaltiges Stück automobiler Zukunft. Und dies auch und gerade, weil er nicht mit aberwitzigen Werten prahlt, die heute am Ende keiner mehr braucht, sondern genau da punktet, wo ein solches Fahrzeug ansetzen muss: mit souveränen Fahrleistungen, einer sicheren und vertrauenserweckenden Strassenlage und einem Raumgefühl, das neu anmutet. Wer in den Nexo einsteigt, muss sich dem Auto (mit dem Schlüssel in der Hosentasche) nur nähern, dann ploppen die cool versenkten Tütgriffe auf. Wobei – nähert man sich dem Fahrzeug von hinten, mit vollen Händen und der Absicht, etwas Grosses im Kofferraum zu verstauen, öffnet sich wie von Geisterhand die Heckklappe, beim ersten Mal ein netter Schreck. Aber praktisch.

Der Innenraum ist ebenfalls ungewohnt. Wie viele Autos mit Elektromotor hat keinen Mitteltunnel, in dem Kardanwellen entlanglaufen, doch wie eine Kommandobrücke des Raumschiffs Enterprise erhebt sich zwischen Fahrer- und Befahrersitz ein Bedienpanel, das mir anfänglich ein wenig mächtig erschien. Nach kurzer Eingewöhnungszeit jedoch ist klar: Alles ist intuitiv bedienbar, jeder Knopf hat seinen Sinn, darüber hinaus wirkt alles wertig und nicht, wie anderswo, wie Spielzeug.

In der Stadtfährt er leise und unangestrengt, die üblichen Verdächtigungen unter den Sicherheitsassistenten sind alle vorhanden und schaffen – auf Wunsch – die Aura eines halbautonomen Fahrzeugs, das schlafwandlerisch Abstände einhält, vor allen möglichen Gefahren akustisch und visuell warnt, Verhehrschilder lesen kann, automatisch (gern auch faherlos) einparkt und vieles mehr.

Ein ideales Space-Shuttle, nicht nur für kurze Entfernungen, kann der Nexo also sein, so vollgestopft mit Innovatiinen, emmissionsfrei, leistungstark und einer Reichweite, die man von Fahrzeugen mit Elektromotor, und ein solcher befindet sich auch in jedem Brennstoffzellenfahrzeug, nicht kennt. Vollgetankt mit flüssigem Wasserstoff schafft der Nero nach Herstellerangaben bis zu 756 Kilometer, je nach Norm werden es im Alltagsbetrieb zwischen 550 und 650 Kilometer sein. Auch in der Stadt übriegens, denn beim häufigen Bremsen rekuperiert das Fahrzeug fleissig. Es fährt mit Strom aus 40 Brennstoffzellen und puffert die Rekupertionsenergie in eine Hochleistungsbatterie mit 1,56 kWh Kapazität.

Drei crashsichere Drucktanks nehmen den flüssigen Wasserstof auf – 156 Liter, die gut 6 Kilo wiegen und im Moment übriegens rund 60 Euro kosten. Diese Tanks sind mit einer fast 5 Zentimeter dicken Hülle aus Glasfaserverbundstoff und diversen Ventilen gesichert, um jede Gefahr für die Nutzer, auch im Fall eines Unfalls, auszuschliessen. Das Tanken ist problemlos – mit der entsprechenden Karte des Wasserstoffkonsortiums H2M verschafft man sich Zugang und nach knapp fünf Minuten kann es weitergehen, kein Vergleich mit dem Aufladen einer Batterie. Rechnen sollte man dennoch können, wenigstens dann, wenn man auf grosse Fahrt geht. Wasserstoff ist zwar prinzipiell nicht kostbar, wenn es aber gerade keinen gibt, schon. Ich zum Beispiel wohne in Hamburg, einer Grossstadt, in der es zurzeit vier Wasserstofftankstellen gibt, Tendenz langsam steigend. Kein Problem, dachte ich mir, da kommt selbst ein ,,First Mover“, also jemand, der eine Zukunftstechnologie frühzeitig für sich adoptiert, gut zurecht. Wenn allerdings, wie mir geschehen, von diesen vier Tankstellen zwei gerade Systemupdate erhalten (was ca. zwei Wochen dauerte), eine weitere einen Defekt hat, dann wird es eng – einige Tage im Juli allein die Tankstelle in der Hafencity für Wasserstoffkunden offen – da trafen sie sich dann wieder, die Fahrer der wenigen Nexos und Toyota Mirais, die in der Hansestadt unterwegs sind, und mit den netten Tankwart fachsimpelten.

Immerhin, die Webseite h2.live listet heute 74 in Betrieb befindliche und knapp über 20 in Plannung und Ausführung befindliche Tankstellen in Deutschland für Stoff, der die Zukunft sauber machen soll. Anfang 2020 sollen es 100 sein, mal sehen, was danach kommt. Mir scheint, als hätten Hersteller und Politik derzeit eine kleine Verschnaufpause eingelegt, was den schnellen Ausbau der Wasserstofflogistik angeht, daher lege ich mich mit einem Zwischenfazit fest: Batterieelektrik ist, mit all ihren Vor- und Nachteilen, nur eine Brückentechnologie hin zum Wasserstoffauto – bis das richtig losgeht, dauert es noch mindestens 10, 20 Jahre.

Den Hyundai Nexo ficht das nicht an – er ist das perfekte Fahrzeug für Leute, die den Hype um Tesla nicht brauchen, emissionslos auch mal mit Gepäck auf langen Strecken unterwegs sein und eine etwas andere Geschichte erzählen möchten. Ein Premiumgefühl für ein Premiumfahrzeug – und das ist auch nicht billig. 70.000 Euro aufwärts – aber es lohnt sich.

Quelle: arrive

Das Automagazin für die Mobilität der Zukunft

In die Ferien mit dem E-Car

Von Hamburg aus nach Italien – mit einem rein batteriebetriebenen Auto und zwei Kindern auf dem Rücksitz: Ist das Wahnsinn oder veielleicht der beste Urlaub der Welt? Eine Familie wagte mit dem neuen Kia e-Niro den Praxistest.

Zunächst ein Geständnis: Ich habe mit meiner Familie schon viele Kreuzfahrten gemacht, wir sind in der Elternzeit nach Australien geflogen und fahren einen zehn Jahre alten Diesel. Dazu bin ich als Journalist schon aus unsinnigsten Gründen für Geschichten um die halbe Welt geflogen. Kurz: ich bin kein (ökologisch) guter Mensch.

Vielleicht haben mich deshalb Greta und die Fridays-for-Kids gepackt. Anfang 2019 gelobte ich Besserung und entschied: In den Sommerferien machen wir einen möglichst CO2-neutralen Urlaub. Meine Frau war: bestürzt. Meine Kinder: vorsichtig interessiert. Zwei Wochen lang wollten wir durch Österreich und Südtirol reisen, in nachhaltig geführten Hotels übernachten, Wegwerf-Plastik vermeiden und Experten für die Reise der Zukunft werden.

Das richtige Auto (reiner Batterieantrieb, Platz für Kindersitze, Kofferraum für Buggy und genug Gepäck, möglichst grosse Reichweite, vernünftiger Preis) war schnell gefunden. Seit April 2019 ist der Kia e-Niro auf dem Markt, auf dem Papier entkräftet er jedes Argument von e-Car-Hatern: Mit einer Batterieladung soll er satte 455 Kilometer fahren, innen ein wahres Raumwunder sein, sich an einer Schnelladestation in weniger als eine Stunde aufladen lassen.

Welcher Wagen darf es sein?

Als er dann in Hamburg-Eppendorf vor unserer Tür steht, bin ich also immer noch optimistisch. Meine Frau jedoch kennt mich. Durch zehn Jahre Ehe ist sie sehr geübt darin zu erkennen, welche meiner Aussagen wirklich von Fakten untermauert sind. Und wirklich weiss ich nicht so genau, ob mein Halbwissen stimmt, das ich ihr gegenüber äussere: ,,Es gibt genug Schnelladestationen an den Autobahnen.“ ,,Der Stecker des e-Niro passt überall“, und ,,Bis München müssen wir vielleicht sogar nur einmal stoppen zum Laden.“

Anafang mit Tücken

Unser Sohn Jesse ist mit seinen sieben Jahren aber sofort ein Fan, als wir am Vorabend der Reise zum Laden fahren. Wir haben gleich eine Ladestation der Hamburger Stadtwerke in unserer Strasse. Die Ladesäule von ,,Stromnetz Hamburg“ sieht vertrauenserweckend aus, jedoch lässt sich die Bezahlung weder per SMS ooch per App anschieben, wie auf der Station vermerkt. Anruf bei der Notnummer auf der Säule. Der Herr vom Störungsmanagement ist ratlos: ,,Wissen Sie, für App und Abrechnung sind wir nicht zuständig, nur für die Technik.“ Dann tut er etwas, was als Paradebeispiel für Kundenbindung in jedem Handbuch von Tech-Firmen stehen sollte: ,,Wissen Sie was, ich geb einen aus!“ Klick, der Typ-2-Stecker rastet in die Säule ein, der Strom fliesst. Er ist mein Held und ich der Jesse. Am nächsten Morgen geht es los nach Kirchberg bei Kitzbühel, 926 Kilometer, eine für E-Cars eigentlich irrwitzige Distanz. Der Batteriespeicher ist nach dem Laden über Nacht voll. Das Hauptproblem hat das erste Hamburger Ladeproblem bereits aufgedeckt: die unterschiedlichen Bezahlsysteme.

Happy Wife, Happy Life

In Deutschland herrscht eine verwirrendes Heer von Strombetreibern, Stadtwerken und Dienstleistern über die Ladesäulen. Ist man nur in einer Stadt oder Region unterwegs, stellt man sich einfach auf den jeweiligen Dienst ein. Bei einer Fernreise über Ländergrenzen hinweg wird es aber schwieriger. Mein Ziel: Ich will nur eine App nutzen für Stationsuche und Bezahlung. Aber welche? Auf unserer Fahrt teste ich – zur Beunruhigung meines Familien-Teams – einige durch. Schliesslich lande ich bei ,,mobility+“ von enBW, laut kurzer Recherche ist das Deutschlands drittgrösste Energieversorgungunternehmen. Vorteile: Als ADAC-Mitglied kann ich dort einen festen Tarif einstellen (0,30 Euro/kWh bei einer Schnelladestation). Freischaltung und Bezahlung erfolgen über die App. Keine Ahnung allerdings, ob ich auf der Karte der Anwendung alle Ladestationen sehe, die es gibt. Es sind jedenfalls genug für uns und ich schiesse auf die Nutzung ein.

Ein typischer Stopp sieht schliesslich für uns so aus. Wir fahren mit einer Ladung von über 400 Kilometer los. Bei etwa 150 Kilometern Restkapazität steuern wir die nächste Schnelladestation an, in der unterscheidet sich diese durch ein kleines Pluszeichen auf der Karte von den normalen Stationen. Bereits in der App sehen wir ob die Station einen freien Platz hat und wieviel Energie sie abgibt. Oft sind es 50 kWh, noch genug für einen knapp über eine Stunde langen Halt, denn unser e-Niro verfügt über 64 kW Batteriekapazität (es gibt auch eine Version mit 39,2 kW).

Angekommen an der Station, klassischerweise auf einer Autobahnraststätte, drücke ich in der App auf ,,Jetzt laden“. Das Kabel der Station wird entriegelt und Jesse steckt es in die Büchse am e-Niro vorne. Dann heisst es für alle: Pause! Was soll ich sagen: Es läuft super. Ohne Getriebe und lästiges Schalten gleiten wir dahin, Spurhalteassistent und Abstandswarnsystem verrichten ihre Arbeit. Die Kinder schlafen wesentlich besser als in unserem recht lauten BMW.

Angekommen im Hotel Elisabeth in Tirol zeige ich Jesse, wie man den ebenfalls im Auto vorhanenen Adapter für Haushaltsstecker nutzt. Eine Aussensteckdose gibt es zum Glück beim Parkplatz. Dort dauert das Laden zwar bis zu 22 Stunden, aber da wir hier einige Tage verbringen, ist das kein Problem. Als wir Kitzbühel besuchen, wartet eine positive Überraschung: Auf dem sonst kostenpflichtigen Parlplatz gibt es Gratis-Stellplätze für E-Cars. Nicht nur zahlen wir also keine Parkplatzgebühr, der Ökostrom wird uns auch noch geschenkt. Wir gucken dem Tream vom HSV, das in Kitzbühel traniert, eine Stunde zu, dann geht es weiter. Unser nächster Halt, das Parkhotel Holzner in Oberbozen, liegt auf 1.221 Metern Höhe. Die Serpentinen meistert das Auto hervorragend. Ich denke daran, welche Schaltgetriebe-Orgien ich früher feiern misste bei solchen Strecken und ihren Harrnadelkurven. Ein echter Fortschritt!

Klettermeister

Das Holzner verfügt über zwei Tesla-Ladestationen, die aber trotz Typ-2-Stecker nicht für andere E-Cars als Tesla geeignet sind. Jedoch ist da auch ein ,,Mennekes“-Stecker, freigeschaltet für alle E-Cars. Zum Glück können wir uns in Südtirol bei den Hotels so versorgen, denn die EnBW-App funktioniert nur in Deutschland und Österreich.

Bei Weiterfahrt dann eine Überraschung: Durch die Rekuperation, die Rückgewinnung von Bremsenergie, fahren wir mit einer Reichweite von 405 Kilometern in Oberbozen. Als wir unten in Bozen ankommen, werden 430 Kilometer angezeigt. 25 Kilometer Gewinn durch das Gefälle! Beim Zwischenstopp in dem sehenswerten ,,Kristallwelten“ von Swarovski gibt es wieder auf speziellen Parkplätzen kostenlosen Strom für E-Cars. Meine Frau wird von Tag zu Tag entspannter. Weiter geht’s durch Südtirol: Das nächste Hotel, der Garberhof im Vinschgau, bekommt seine Heizenergie von einer Holzschnitzelanlage, seinen Strom vom Wasserwerk. Hier laden und wohnen wir also mit besonders gutem Gewissen.

So lässt es sich Reisen

Auch zu unserem letzter Aufenthaltsort, das Hotel Fanes in St. Kassian, muss der e-Niro einige Serpentinen überwinden. Als wir durch die Dolomiten fahren, spüren wir einen anderen Vorteil des batteriebetriebenen Fahrens: Wir stören die vielen Radfahrer und Wanderer, die die Region erkunden, nicht mit lauten Fahrgeräuschen. Schon fast beseelt von dem Gefühl, nachhaltiger zu reisen, machen wir uns nach insgesamt zwei Wochen wieder auf die Rückfahrt nach Hamburg.

Hat uns die 2.500 Kilometer lange Fahrt mit dem E-Car überzeugt? In jedem Fall. Selbst meine Frau, Besitzerin eine Motorradführerscheins und eingefleischter Kraftstoff-Fan, grummelt am Ende: ,,Ja, das kann ich mir vorstellen. Schon praktisch. Und gut aussehen tut er auch.“ Jesse ist begeistert von der Technik, Minna von der Stille beim Fahren, ich wegen der niedrigen Ladekosten. Wir hatten eine abenteuerliche Reise mit vielen organisatorischen und technischen Hindernissen erwartet – und kamen am Ende entspannter, zufriedener und mit einem besseren Gewissen zurück als von vielen anderen Urlauben.

Quelle: arrive

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