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Die Wunderwelt der Elektro-Reichweiten

Wer langsam Fährt, kommt schneller an: Das gilt zumindest für die grosse Urlaubsfahrt mit einem Elektroauto. Zehn Tipps, mit denen Sie viele Kilometer weiter kommen. Ausserdem Zeigen wir, wie Fahrverhalten, Temperaturen oder Radgrösse die Reichweite bekannter Elektroautos beeinflusst.

Buddistische Mönche haben gute Chancen, mit der Mittelklasse-Limousineaus dem Hause Tesla fast 1.000 Kilometer ohne Nachzuladen zurückzulegen – oder ähnliche Meister der extremen Gelassenheit. Im Test auf dem abgesperrten Lausitzring jedenfalls ist diese fast unvorstellbare Marke für Elektroauto geknackt. Bei 38 Stundenkilometer Durchschnittsgeschwindigkeit, ohne Klimakühlung oder Radioablenkung, mehr als 26 Stunden lang.

Eine Tortur; sie zeigt aber, welche theoretischen Reichweiten in einem Elektroauto stecken. Mit dem gleichen Modell geht es auch ganz anders. Das belegt der arrive-Vergleich für verschiedene wichtige Fahreugklassen und Modelle. Wer sich etwa von den 261 PS, katapultartiger Beschleunigung und den 233 Stundenkilometer Höchstleistung des Model 3 verführen lässt, der sieht den Schnellader womöglich schon nach etwa mehr als 100 Kilometern. Und dort surrt der Strom auch erst einmal langsam nach, weil der Akku nach einer Krawallfahrt zu heiss für die schnelle Füllung ist. Solche Rahmenbedingungen zur Reichweite sollten Elektroauto-Fahrer unbedingt kennen, wenn sie nicht von neuen Stromer schnell wieder enttäuscht werden wollen. Denn mit keinem anderen Antrieb hat der Lenker auch so viel Einfluss auf die tatsächlich mögliche Reichweite – wenn er unsere Tipps beherzigt. So werden Sie zum Reichweiten-König:

1.

Langsam voran

Es muss ja nicht gleich so nervtötend akustisch sein wie im oben genannten Tesla-Test. Aber grundsätzlich gilt schon: je langsamer die Fortbewegung, desto geringer Verbrauch. Dauergeschwindigkeit 100 verbraucht zum Beispiel rund 50 % weniger als Tempo 130. Ein bisschen früher losfahren – und dafür langsamer – das bringt also massiv Reichweite. Genau wie der zweite Tipp:

2.

Cool bleiben

Gar nicht so leicht in den Stromern mit ihrer begeisternden Beschleunigung. Selbst brave Kompaktwagen wie der Renault Zoe haben ja knallige Drehmomente von mehr als 200 Newtonmeter – und die liegen schon ab dem Start an. Zwischensprints saugen aber die Batterie so schnell leer wie ein durstiger Elefant einen Masskrug. Also verzichten Sie nach Möglichkeit darauf – und kommen weiter.

3.

Vorazusschauend fahren

Das ist nicht nur gut für die Sicherheit. Wer rechtzeitig abbremst und möglichst oft mitschwimmt sowie nicht hektisch mit dem Strompedal agiert, der profitiert. Ein guter Helfer ist dabei der adaptive Geschwindigkeitsregler, den die meisten Stromer schon anbieten. Nutzen Sie ihn auch in der Stadt.

4.

Gut geplant

Auch eine Art, vorausschauend unterwegs zu sein. Wenn es über das normale Kurzstrecken-Pendeln hinausgeht, sollten Sie Strecken und Stopps im Voraus planen. So bringen Sie den Akku nicht an die Grenzen. Aussrdem können Sie vorher überlegen, was Sie mit der Ladezeit Sinnvolles anfangen. So wird die Reichweite gut investiert.

5.

Wohl temperiert

Glücklich, wer so wohnt, dass er eine Garage sein Eigen nennen kann – nicht nur, weil sichh dort die heimische Ladestation perfekt unterbringen lässt; die Garage sorgt in langen Winternächten auch dafür dass Sie in ein leidlich warmes Auto steigen können. Und nicht zu kalt hat es auch der Akku gern. Im wohlverdienten Skiurlaub lohnt es sich darum auch, in eine Hotelgarage zu investieren, statt den Stromer draussen frieren lassen. Wer auch im Winter die Reichweite hoch halten will, dem gibt der ADAC die Empfehlung ,,beim Kauf von E-Autos besonders darauf zu achten, dass das neue Fahrzeug übereine Wärmepumpe verfügt“.

6.

Gut gefüllt

Wir traditionellen Verbrennerfahrer sind es natürlich gewohnt, ein Auto randvoll mit Sprit zu tanken – und nicht selten fast leer zu fahren. Genau diese beiden Aggregatzustände sind aber ausgerchnet die, bei denen Batterien deutlich an Lebensdauer einbüssen. Die Experten des Schweizer Energiedienstes empfehlen darum: ,,Akku immer in einem Ladestatus zwischen 40 % und 80 % der Kapazität halten“. So bleibt die Batterie dauerhaft stark – und die Reichwite wird auch bei älteren E-Autos hochgehalten.

7.

Programmierte Reichweite

Die meisten Stromer haben heutzutage einen Bordcomputer, der möglichst effiziente Programme standardmässig aktiviert. Dadurch rekuperiert der Akku gut, und die Fahrleistungen werden zugunsten der Reeichweite eingebremst. Daneben gibt es aber oft noch weitere Super-Sparbrogramme, bei denen etwa Verbraucher wie Heizung oder Klimaanlage gedrosselt werden. Das führt zum nächsten Reichweiten Tipp:

8.

Verbrauchsarm fahren

Hier geht es vor allem um Heizung und Klimaanlage. Diese benötigen ,,je nach Aussen- und gewünschter Innentemperatur bis zu fünf Kilowatt Leistung“, hat der ADAC herausgefunden. Im Winter die Sitzheizung ausschalten und einen Pullover im Auto tragen,  das kann also schon erheblich Reichweite bringen. Und wenn es nicht gerade brüllend heiss ist, kann auch die Fensterlüftung statt Klimaanlage schon zu mehr Laufleistung mit einer Akkufüllung verhelfen.

9.

Realistisch bleiben

Lernen Sie Ihr Elektroauto kennen – und auch dessen Grenzen. Selbst der stärkste Renner reagiert beispielsweise auf zu langes Fahren mit hoher Geschwindigkeit durch Beschleunigung; die Ladeleistung kann dann auf bis zur Hälfte zurückgehen, weil die Batterie zu heiss wird. Und sollte am Haltepunkt nur normales Laden möglich sein, wird die eilige Fahrt zur besonders verzögerten Fortbewegung. Da ist es also sinnvoll, gemächlich das Ziel zu erreichen.

10.

Entschlacken

Der letzte Reichweiten-Tipp ist einer, den viele Autofahrer auch schon aus der Verbrennerwelt kennen. Lassen Sie keine ultragrossen Reifen aufschwatzen – schon der Wechsel von 21-Zoll- auf 19-Zoll-Reifen kann etwa bei einem Audi e-tron bei Überlandfahrt im Frühling rund 30 Kilometer weiter tragen. Und nehmen Sie die Dachbox ab, wenn die nicht gebraucht wird. Das gleiche gilt für schwerem Kram, der im Kofferraum herumliegt. Jedes Kilo zusätzlich veringert die Reichweite.

Auf Aussentemperatur, Niederschlag, oder Steigung haben Sie keinen Einfluss; klar. Aber wer sich an die arrive-Tipps hält, der kann selbst aus einem Mini-Akku wie dem im e-Go life fast die doppelte Reichweite herausholen. Wer alles in den Wind schlägt, der kommt dagegen vielleicht auch mit der 90-Kilowattstunden-Batterie nur 100 Kilometer weit. Der wichtigste Reichweiten-Optimierer im Elektroauto sitzt eben hinter dem Steuer.

Richtiges Fahrverhalten führt zu verbesserter Reichweite – und zwar immer

Wer langsam Fährt, kommt schneller an: Die grosse Urlaubsfahrt mit einem Elektroauto. 5 Beispiele.

Die Limousine:

Tesla Modell 3

75 kWh, 261 PS, 0 auf 100 km/h: 4.8 s

Höchstgeschwindigkeit 225 km/h

Preis ab 45.480 Euro

Reichweitenangabe 415 km

Berlin – Die Strassen sind frei. Auf der Autobahn fahren wir diszipliniert – auch in Berlin läuft es glatt. 100 Stundenkilometer Schnitt, bei 15 Grad braucht’s keine Klimaanlage. 130 Rest-Kilometer stehen Berlin noch auf der Uhr. Bei sportlicher Fahrt mit längeren Sprints wäre schon nach 200 Kilometern die Energie knapp.

Das SUV:

Jaguar l-Pach

90 kWh, 400 PS, 0 auf 100 km/h: 4,8 s

Höchstgeschwindigkeit 200 km/h

Preis ab 78.250 Euro

Reichweitenangabe 470 km

Sommer-Sonntagmorgen um ein Uhr früh ins SUV, Landstrasse von Paderborn nach Emden, Warnblinker an, Durchschnittstempo 50 – selbst nach 250 Kilometern immer noch fast 600 Kilometer Reichweite, aber als wandelndes Hindernis viel Nerven verloren. Zurück sportlich im Autobahntempo, 696 Newtonmeter legen los. Nach 200 Kilometern ist bei Bad Oeynhausen der Akku fast leer.

Der Kompakte:

Renault ZOE R90

22,0 kWh, 88 PS, 0 auf 100 km/h: 13,2 s

Höchstgeschwindigkeit 135

Preis ab 21.900 Euro (+Batteriemiete)

Reichweitenangabe 316 km

Von München nach Würzburg im fliessenden Verkehr – wir fliessen gelassen mit. 22 Grad zeigt das Thermometer, die Klimaanlage bleibt aus – nach 277 Kilometern zeigt die Reichweite an der Steckdose noch 25 Kilometer. Gleiche Strecke bei zehn Grad plus – und dann nerviger Stau bei Ingolstadt. In Nürnberg nachgeladen – nur noch 50 Kilometer Strom Strom im Akku.

Der Sportwagen:

Porsche Taycan

95 kWh, 600 PS, 0 auf 100 km/h: 3,5 s

Höchstgeschwindigkeit über 250 km/h

Preis ab ca. 99.000 Euro

Reichweitenangabe ca. 450

Raus die Sau – und fahren, was geht, in einer warmen Sommernacht auf der Autobahn im Sprint zwischen Baden-Baden und Offenburg: Selbst die 50 Kilometer werden da bei 250 Stundenkilometer Fahrt schon knapp. Gleicher Abend Rückfahrt nach der Aufladung am Schnellader – aber mit 110 und Tempomat auf Erholgunsfahrt: Akku gewährleistet locker mehr als 350 Kilometer Reichweite.

Das Stadtauto:

E.GO Life 20

14,5 kWh, 27 PS, 0 auf 50 km/h: 7,7 s

Höchstgeschwindigkeit 117 km/h

Preis ab 15.900 Euro

Reichweitenangabe 100 km/h

Schön brav und vorausschauend vom Vorstadt-Häuschen zum Park-and-Ride-Parkplatz 20 Kilometer gependelt, im Frühling bei angenehmen 20 Grad – das dehnt Reichweite sogar auf 180 Kilometer aus. Unheimlich eilig auf der dichten Autobahn Richtung City, draussen klirrend kalter Wintermorgen mit 10 Grad minus – da sind es nicht einmal 40 Kilometer.

Quelle: arrive

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